Sexualisierte Gewalt in der Evangelischen Kirche
Ende Januar wurde eine deutschlandweite Studie zu sexualisierter Gewalt in Kirche und Diakonie veröffentlicht. Die sogenannte „ForuM-Studie“ rüttelt unsere evangelische Kirche in ihren Grundfesten auf, weil sie endlich die Stimmen von den Menschen zu Gehör bringt, die von sexualisierter Gewalt betroffen sind.
„Auch unsere Kirche und Diakonie hat im Umgang mit Übergriffen und sexualisierter Gewalt versagt“, bekennt die badische Landesbischöfin Heike Springhart. „Nun geht es nicht mehr darum, formelhafte Entschuldigungen zu sprechen und überraschte Erschütterung zum Ausdruck zu bringen. Das, was die Studie ans Licht bringt, war für Betroffene und für die, die offene Ohren hatten, schon seit Jahren zu sehen und
zu hören. Jetzt haben wir mit der Studie gründliche und differenzierte Forschung, die hilft, besser zu verstehen, die dazu nötigt, genauer hinzusehen und mit deren Erkenntnissen wir noch entschiedener die nächsten Schritte gehen werden, auch im Blick auf die Aufarbeitung dessen, was für unsere Landeskirche spezifisch ist.“
Die evangelische Kirche muss und wird Konsequenzen aus der Studie ziehen.
Manches davon ist seit einigen Jahren auf dem Weg – Prävention durch Aus- und Fortbildung der Mitarbeitenden, eine landeskirchliche Meldestelle, Schutzkonzepte. Vieles ist noch zu tun. Nicht irgendwann, sondern umgehend.
„Zu den spezifischen evangelischen Charakteristika, die sexualisierte Gewalt in unserer Kirche ermöglicht und begünstigt haben, gehört gerade das Wegsehen und die Vorstellung, dass es ‚so etwas‘ bei uns nicht gibt“, stellt die Landesbischöfin fest. „Dieses Wegsehen kann es jetzt nicht mehr geben, und das ist gut so. Wir arbeiten daran, dass diese Fehler in Zukunft nicht mehr geschehen. Die Aufarbeitung der Vergangenheit und die Prävention sind bleibende Aufgaben auf allen Ebenen unserer Kirche.“
Ein wichtiger Baustein der Prävention ist, in regelmäßigen Schulungen haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitende für das Thema zu sensibilisieren. Außerdem müssen in allen Gemeinden und Einrichtungen Schutzkonzepte erarbeitet werden, die strukturelle Rahmenbedingungen schaffen und regeln, wie im Falle eines grenzverletzenden Verhaltens vorzugehen ist.
Informationen zur ForuM-Studie: www.ekiba.de/themen/hilfe-bei-sexualisierter-gewalt
Sie haben selbst sexualisierte Gewalt im Rahmen von Kirche und Diakonie erlebt und möchten dies melden? Das Vertrauenstelefon der Landeskirche ist kostenlos und anonym. Telefonzeiten: Mittwoch 12 bis 13 Uhr und Donnerstag 17 bis 18 Uhr
Telefon 0800 5891629 • Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Zentrale Anlaufstelle.help für Betroffene von sexualisierter Gewalt in der evangelischen
Kirche und Diakonie. Kostenlos und anonym.
Telefonische Beratung: Montag 16:30 bis 17:30 Uhr, Dienstag bis Donnerstag 10 bis 12 Uhr
Telefon 0800 5040112 • Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! • www.anlaufstelle.help
OSTERGRUSS DER LANDESBISCHÖFIN 1. KORINTHER 15,1-11
DURCH GOTTES GNADE BIN ICH, WAS ICH BIN
Paulus war verwandelt. Aus dem einstigen Verfolger der ersten Christen war ein großer Glaubenszeuge geworden. Seine Begegnung mit dem Auferstandenen hatte alles durcheinandergewirbelt, eine radikale Wende eingelei- tet. Vielen war der auferstandene Jesus zuvor erschienen: den zwölf Aposteln, mehr als fünfhundert Menschen auf einmal, zuletzt auch Paulus, dem „geringsten unter den Aposteln“ (1. Kor. 15,7). Die Hoffnung macht keinen Un- terschied. Keiner derjenigen, die später die Auferstehung Jesu bezeugten, hatte damit gerechnet, Zeuge des Lebens zu werden, das den Tod überwindet.
„Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin“, schreibt Paulus den Korinthern. Die Gemeinde war in eine Krise geraten. Verschiedene Gruppen stritten darum, wie der Glaube zu verstehen sei. Missstände, Zweifel, Unklar- heiten machten sich breit. Manche waren der Überzeu- gung, es gebe keine Auferstehung der Toten (1. Kor. 15,12) und betonten nur die von Christus geschenkte Freiheit in allen ethischen Fragen.
Ohne Auferstehung ist unser Glaube wertlos, schreibt Pau- lus. Aber er spitzt es zu: Nicht die Auferstehung ist letztlich der Grund unseres Glaubens, sondern der Auferstandene selbst. In der Begegnung mit dem Auferstandenen lernt er zu verstehen, was seine und unsere Auferstehung bedeu- ten. Selbst diejenigen, die Jesus persönlich gekannt haben, sahen ihn nach der Auferstehung ganz anders. Es ist ihnen wie Schuppen von den Augen gefallen. Im Osterlicht des dritten Tages verstanden die Jüngerinnen und Jünger auf einmal, dass alle Taten und Worte Jesu auf seinen Tod und seine Sendung hindeuteten.
Paulus selbst hatte die Begegnung mit dem Auferstande- nen den Mut verliehen, die eigene Vergangenheit zu über- winden und über alle Grenzen und Vorurteile hinweg die frohe Botschaft zu predigen: dass Gottes Liebe an keinerlei Voraussetzungen geknüpft ist; dass der Tod nicht das letz- te Wort hat; dass selbst unsere Schuld und unser Versagen von Gott in Christus überwunden sind; dass wir eine Hoff- nung haben, die der Gewalt, dem Krieg und dem Tod das Leben entgegenzusetzen vermag. Das ist für Paulus kein purer Trotz, keine Selbstbeschwörungsformel, alles werde wieder gut. Ihn hat diese Botschaft selbst überwältigt, aus der Bahn des Versagens und des Verzweifelns auf den Weg des Lebens gestellt.
Ostern kann auch uns neu aufrichten. An Ostern können wir dem auferstandenen Jesus Christus begegnen: In dem Zeugnis vieler Menschen, die es erfahren haben, dass letztlich das Leben siegt. In dem Mut, der uns aus den Worten der Bibel erwachsen kann. Ostern bestärkt uns in der Zuversicht, dass unsere Welt, dass meine Welt noch nicht an ihr Ende gekommen ist. Dass die Hoffnung über den Tod hinaus uns schon jetzt verwandeln kann. Dass wir am Ende völlig neu werden und auch diese Welt voller Gewalt und Unfrieden verwandelt werden wird in einen neuen Himmel und eine neue Erde.
„Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin“: verwandelt in die Hoffnung, dass wir den Tod überwinden werden. Der Tod bleibt uns nicht erspart. Aber er kann uns nichts mehr anhaben. "Der Tod ist wohl noch eine Schlange", sagt Martin Luther, doch dieser Schlange ist der Giftzahn gezogen. Die Schlange ist noch da, sie ist auch noch schrecklich, aber ihr Gift kann uns nicht mehr töten. Mit dieser Hoffnung können wir sogar die letzte Reise zu- versichtlich antreten, auch wenn der Weg schwer ist und die Angst bleibt. Aber die Treue Gottes, die wir hier schon erfahren können, wird niemals aufhören.
„Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin.“